Showcase 2010

Kampnagel

Die abwechslungsreichen Darbietungen hatten schon in den vergangenen Jahren für Begeisterung beim Publikum gesorgt, aber in diesem Jahr waren die Abschlusspräsentationen noch eine Steigerung zu den vielen Höhepunkten, die es bisher gegeben hatte. Zu recht und ohne Übertreibung darf man daher von dem besten Stage School Showcase aller Zeiten reden, was bestimmt auch daran lag, dass die künstlerische Leitung der diesjährigen Veranstaltungsreihe Steve Ray übertragen worden war. Der New Yorker wurde vor allem als Macher des Musicals „Freak Out“ bekannt und zauberte mit Unterstützung von Hilton Jones unter anderem eine künstlerisch perfekte Lichtmotiv-Kulisse zu den jeweiligen Darbietungen auf die riesige weiße Leinwand im Hintergrund. So entstand auf der Projektionsfläche bei dem Lied „Draußen“, das Mathias Güthoff als Quasimodo sang, eine riesige Kathedrale in wechselnden Perspektiven. Perfekt und mit betonter Persönlichkeit agierten die rund fünfzig Absolventen auf der Showfläche in der Kampnagelhalle. Schnell wurde klar: Nie zuvor hat es dabei so einen emotional engen Bezug zum Publikum gegeben. Dieses Kriterium spannte vom Anfang bis zum Schluss einen Bogen zwischen dem Wirken der Nachwuchskünstler und den Adressaten in Form der Zuschauer. Mit Diaeinspielungen wurden Stationen aus dem bunten studentischen Leben an der Stage School gezeigt bis hin zu den harten Proben für Showcase. Die professionellen Kostüme kamen erst bei den Aufführungen zum Einsatz. Den Gesangsbeiträgen „The Wizard and I“ und „Was fühl ich in mir?“ von Rebecca Reich als grünheutige, aber warmherzige Hexe aus dem Musical „Wicked“ standen dem Original in nichts nach, was für eine frischgebackene Musicaldarstellerin ohne Zweifel nicht selbstverständlich ist. Auch das Duett von Sarah Kafurke und Carina Watermann, die vor einer animierten Londoner Nachtstraßenkulisse das Lied „Mädchen der Nacht“ aus „Jekyll & Hyde“ sangen verdient das Prädikat „erstklassig“, was auch an dem donnernden Beifall aus den ausverkauften Publikumsrängen deutlich wurde.

Beide setzten den traurigen Gefühlszustand der Musicalszene allein durch ihre stimmliche und mimische Interpretation um und kamen daher ohne obszöne Kledage aus, wie sie bei dem Lied in dem Musical oft gezeigt wird. Tänzerische Höchstleistungen boten Stefan Peters und Jan Taubert beim Tanzduett „Emotions“. Sie balancierten den eigenen Körper stellenweise auf nur einem Arm und meisterten auch schwierige Einlagen wie einen Rückwärtssalto spielerisch, wobei verblüffenderweise unklar blieb, woher der dafür notwendige Schwung kam. Schließlich fielen auch in diesem Jahr wieder Allrounder wie Annkatrin Klückmann und Alice Yuki Okazaki auf. Auch Mathias Güthoff ragte unter anderem als Interpret und Übersetzer von „Ja, so spielt man Golf“ hervor. Zum Schluss wurde an das anfänglich Motiv der eigenen Künstlerpersönlichkeit angeknüpft. Die Absolventin Nicole Pfannkuche sang am Elektropiano mit ihrer Komposition „Leben“ von ihren Erwartungen und den Schwierigkeiten als Schauspielerin, und ihre Kolleginnen sprachen in kurzen Dialogen von ihren Ängsten, eventuell kein Engagement zu bekommen. Sie blickten auf ihre umfassende Ausbildung zurück, bei der sie nicht nur gute Freunde, sondern sich selbst neu kennengelernt haben. Nach ihrem eigenen Resümee haben sie allen Grund, sich auf das, was ihnen das Leben bringen wird, zu freuen. Das spiegelte die Worte des Geschäftsführers wider, der im Vorfeld der mehr als zweieinhalbstündigen Vorstellungsabende betonte: „Wir sollten uns nichts vormachen: Mit den vergangenen drei Jahren Ausbildung ist es nicht etwa vorbei, denn jetzt beginnt er erst- der Ernst des Lebens.“