Karamba!

Schmidt Theater


Mit seiner Produktion lässt das Schmidt-Theater in voller Farbenpracht ein ganzes Jahrzehnt wieder aufblühen, in welchem sich das Schlagerfieber als viel ansteckender und abfärbender entpuppte als die Epidemie der überall ansteckbaren, aber nie so ganz klebfesten Pril-Blumen. Als farbenfroh und lebensbejahend charakterisiert die Schlagerrevue die 70er Jahre in Form von Kurzepisoden und thematisch geordneten Medleys. Einzelne Textpassagen aus kultträchtigen Ohrwürmern werden zu pointierten Spielszenen verknüpft. So heißt es beispielsweise beim Paradeschlager „Anita“, „Ich seh’s dir an: Du wartest auf die Liebe“, woraufhin die besungene Angebetete korrigiert, sie warte lediglich auf den Bus. Letztendlich entscheidet sich Gabi aber dafür, im Park zu warten, wohin sie auch ein bekannter Schlager von Udo Jürgens verortet. Mehr Wanderfreude muss Heino als reisender Sänger aufbringen, weil er nirgendwo begeistert empfangen wird. Und mit einer merkwürdigen Gesangstechnik wartet ein Chor auf, dessen bunt gemischte Mitglieder sich geordnet hinter den Notenständern platzieren. „Das Lied von Manuel“ ist eine Mischung aus einem klangvollen, stimmigen Gesang und zwei gequetschten Stimmen mit schrillen Tonlagen, die sich an passender Stelle immer wieder in die Melodie mogeln.

„Karamba“ ist eine Musikrevue, die sich nicht mit Ehrfurcht der mitreißenden und lebensbejahenden Hitkultur nähert, sondern sich inmitten der Klischees bettet, die den Schlager so populär und unvergänglich zugleich machten. Auf wechselnde Weisen versteht es das Autorenteam Martin Lingnau und Mirko Bott, Witz und Humor rund um das Thema Schlager zu erzeugen. So ergibt sich in einer Szene ein hohes Maß an Komik dadurch, dass Nana Mouskouri und Mireille Mathieu, personifizierte Sinnbilder für Ruhe und Anstand, beiderseits ungewollt aufeinander treffen und sich in einem Frustanfall gegenseitig ihre Lieder streitig machen. Dass sich „Karamba“ auf wechselhaften Niveaus bewegt, ist für eine Schlagerrevue nichts Ungewöhnliches. Erfreulich ist, dass der Unterhaltungswert der Revue selbst nie abflacht und durchgängig konstant bleibt. Das ist der Regie von Corny Littmann und dem wandlungsfähigen Ensemble zu verdanken, das den heiteren Charakter des Musikstils der 70er Jahre genauso gut umsetzt wie das Lebensgefühl der freiheitsliebenden „Blumenkinder-Generation“. Als Peter Maffay begeistert Joe Vicaire das Publikum. Es erlebt eine schräge Romanze aus dem Leben des jungen Sängers, der sich als Folge einer Geschmacksverirrung bei dem Titel „Es war Sommer“ auf einen Flirt mit einer sehr maskulin wirkenden Dame einlässt. Mit seinem Kinderserien-Medley erinnert das gesamte Ensemble musikalisch an die grandiosen Helden bekannter Kindersendungen wie „Wickie“ und „Pipi Langstrumpf“, wobei Susi Banzhaf, Sebastian Kraft (alternierend), Elena Zvirbulis und Peggy Mallow die Figuren mit viel Temperament ausfüllen. Letztere überzeugt als großartige Solistin unter anderem bei dem Titel „Dabei liebe ich euch beide“. Mit spaßigen Rolleninterpretationen und viel tänzerischem Geschick (Choreografien von Laris Gec und Silvia Varelli) fallen Susanne Hayo, Elena Zvirbulis und Stefanie Schwendy auf. William Danne und Joe Vicaire bilden zusammen mit Benjamin Eberling ein dynamisches Comedy-Trio. Die musikalische Leitung hat Markus Voigt, von dem auch die schwungvollen Bandarrangements stammen.